USA verkünden diplomatischen Olympia-Boykott

USA verkünden diplomatischen Olympia-Boykott

Tagesschau, 06.12.2021

Unten ein Artikel aus der Tagesschau, Foto Tagesschau.

Die US-Regierung macht Ernst: Bei den Olympischen Winterspielen im kommenden Februar werden keine diplomatischen Vertreter aus Washington anwesend sein. Die US-Athleten sind von dem Boykott nicht betroffen.

Die USA haben einen diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele in China im kommenden Jahr angekündigt. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, sagte in Washington, die Regierung von Präsident Joe Biden werde keine diplomatischen oder offiziellen Vertreter zu den Winterspielen nach Peking schicken. Hintergrund seien der fortdauernde „Genozid“ in der autonomen Region Xinjiang und andere Menschenrechtsverletzungen.

Die US-Regierung werde die amerikanischen Athleten von zu Hause aus anfeuern, sagte Psaki weiter. Auf die Frage, warum die US-Regierung von einem kompletten Boykott der Spiele absehe, sagte Psaki, man habe die Sportler, die intensiv für die Spiele trainiert hätten, nicht bestrafen wollen. Und die Regierung sei der Meinung, dass auch durch diesen Schritt eine „klare Botschaft“ ausgesendet werde. Psaki betonte, die US-Regierung habe internationale Partner über die Entscheidung informiert und überlasse es ihnen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.

China droht mit Gegenmaßnahmen

Die Olympischen Winterspiele finden vom 4. bis 20. Februar 2022 in China statt. Dem autoritär regierten Land werden von vielen Seiten Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, vor allem gegen Minderheiten wie den muslimischen Uiguren. Menschenrechtsgruppen nennen als Beispiele für chinesische Repressalien die autonome Region Xinjiang, Tibet und Hongkong.

Immer wieder werden daher Boykottforderungen mit Blick auf die dortigen Winterspiele laut. Zwischen den USA und China gibt es wegen der Menschenrechtslage, aber auch wegen diverser anderer Streitthemen große politische Spannungen.

Das IOC bezeichnete in einer ersten Reaktion die Anwesenheit von Regierungsbeamten als „eine rein politische Entscheidung, die das IOC in seiner politischen Neutralität uneingeschränkt respektiert“. Gleichzeitig mache die Ankündigung der USA auch deutlich, dass „die Olympischen Spiele und die Teilnahme der Sportler jenseits der Politik stehen und wir dies begrüßen“, sagte ein IOC-Sprecher.

Auch Fall Peng Shuai belastet Beziehungen

China hatte den USA mit „entschiedenen Gegenmaßnahmen“ gedroht, falls die Vereinigten Staaten den Boykott umsetzen sollten. „Wenn die USA darauf bestehen, absichtlich an ihrem Kurs festzuhalten, wird China entschlossen gegensteuern“, sagte Außenministeriumssprecher Zhao Lijian.

Ein diplomatischer Boykott der USA war seit Wochen im Gespräch. Dazu beigetragen hat auch der Fall der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai. Sie war Anfang November plötzlich von der Bildfläche verschwunden. Kurz zuvor hatte die 35-jährige Profi-Spielerin einem hochrangigen Ex-Politiker in China vorgeworfen, sie sexuell genötigt zu haben. Auch wenn sie inzwischen wieder in der Öffentlichkeit zu sehen war, zeigen sich Menschenrechtler, Sportler und auch die USA besorgt um das Wohlergehen von Peng Shuai und verlangen Aufklärung.

Auch Großbritannien erwägt Polit-Boykott

Die Vereinigten Staaten sind nicht das einzige Land, das erwägt, bei den Winterspielen von Peking ein Zeichen zu setzen: Auch die britische Regierung von Premier Boris Johnson berät nach einem Bericht der „Times“ seit Ende November darüber, ob lediglich der Botschafter in China zu den Spielen geschickt wird – aber keine britischen Minister. Unterstützt wird der Boykottaufruf von Außenministerin Liz Truss. Dem Bericht zufolge hatten fünf konservative Politiker an Johnson geschrieben und ihn aufgefordert, jegliche diplomatische Vertretung Großbritanniens bei den Winterspielen zu unterlassen.