China unterdrückt die Uiguren – Sie brauchen Hilfe, jetzt!

China unterdrückt die Uiguren – Sie brauchen Hilfe, jetzt!

FrankfurterRundschau, 15.10.2020

Unten ein Artikel aus der FrankfurterRundschau, Foto Hasselt AFP.

Die Welt darf bei der Unterdrückung eines ganzen Volkes durch China nicht länger zuschauen.

Seit Jahren ist die Welt Zeuge eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit. Seit Jahren hält das chinesische Regime Millionen von Menschen in Konzentrationslagern gefangen, lediglich weil sie als Uiguren geboren wurden. Und seit Jahren schaut die internationale Gemeinschaft tatenlos zu. Die schwersten Verbrechen gedeihen im Schweigen. Es ist an der Zeit, dieses ohrenbetäubende Schweigen zu brechen, das die Unterdrückung des uigurischen Volkes umgibt.

Systematische Sterilisationen, erzwungene Abtreibungen, Trennung von Eltern und Kindern, Todesurteile gegen Andersdenkende, Frauen, die gezwungen werden ihr Bett (buchstäblich) mit Vertretern der Kommunistischen Partei Chinas zu teilen, Massenvergewaltigungen: Seit Ende 2016 ist die „Autonome Region Xinjiang“ synonym mit der Missachtung von Menschlichkeit geworden.

Uiguren in China: Präsident Xi Jinping fordet „Keine Gande“

Die Gründe für die Deportationen offenbaren den Charakter des unter der Regierung von Präsident Xi Jinping eingerichteten Unterdrückungssystems. Er fordert seine Beamten dazu auf, „absolut keine Gnade“ mit den Uiguren zu zeigen. Trinkst du Alkohol? Du wirst in das Lager geschickt. Schickst du Grüße zum Zuckerfest? Du wirst in das Lager geschickt. Liest du den Koran? Du wirst in das Lager geschickt. Du rufst deine Familie im Ausland an? Du wirst in das Lager geschickt.

Sobald sie in den Lagern sind, werden die Gefangenen einem Ritual unterzogen, bei dem sie jeden Morgen ihrer Sprache, ihrer Kultur, ihrer Religion – dem Islam – abschwören. Dieser Selbstverzicht ist das Herzstück der von der chinesischen Regierung verfolgten Politik der „Umerziehung“: Lass zurück, wofür du stehst und wer du bist, und vielleicht wirst du dann als Individuum überleben.

Uiguren: Kaum internationale Solidarität

Die Uiguren sind in eine Art universelles schwarzes Loch gefallen. Ein legales schwarzes Loch in China; denn diese kriminellen Praktiken des chinesischen Staates entziehen sich jedem verfassungsrechtlichen Rahmen. Ein schwarzes Loch in den westlichen Demokratien: Uiguren wurden lange Zeit kaum erwähnt in den Gesprächen, die unsere Staatschefs mit der Führungsriege von Peking führen. Ein schwarzes Loch in der muslimischen Welt: Staatsoberhäupter der so genannten muslimischen Länder zeigten keine Solidarität oder unterstützten die chinesische Regierung sogar offiziell bei der Unterdrückung, wie Pakistan oder Saudi-Arabien.

Ein schwarzes Loch in unserer öffentlichen Debatte: Nur sehr wenige Menschenrechtsorganisationen haben in unseren Universitäten oder auf unseren Fernsehbildschirmen aktiv gegen die Ausrottung dieses Volkes gekämpft.

Endlich erwacht das gesellschaftliche Gewissen und die öffentliche Debatte beginnt, das Ausmaß der in Xinjiang begangenen Verbrechen zu begreifen. (…) Aber Verurteilung ist nicht genug. Die jüngste Geschichte – vom Völkermord an den Tutsi in Ruanda bis zu den Massakern in Syrien – hat uns daran erinnert, wie schwach Parolen wie „Nie wieder!“ sind, wenn ihnen keine starken Taten folgen. (…)

Die Forderung: Eine Politik der Aufnahme und Unterstützung der Uiguren

Wir fordern, dass unsere jeweiligen Regierungen so bald wie möglich gezielte Sanktionen gegen die für die Repression in Xinjiang Verantwortlichen verhängen. Es ist undenkbar, dass unsere Länder Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht verfolgen. Nur so können wir den Führern in Peking zu verstehen geben, dass wir ihre Verbrechen ernsthaft verurteilen.

Wir fordern, dass die 83 multinationalen Unternehmen – von Nike bis Zara, von Uniqlo bis Apple -, die nachweislich von uigurischer Zwangsarbeit profitiert haben, jegliche Zusammenarbeit mit ihren chinesischen Lieferanten, welche die Zwangsarbeit der Deportierten ausnutzen, sofort einstellen. Wir rufen ebenfalls unsere gewählten Vertreter dazu auf, dringlich Gesetze zu erlassen, die eine solche Mittäterschaft illegal machen und unterbinden.

Wir fordern, dass internationale Organisationen wie die UN Untersuchungskommissionen zu den Verbrechen in Xinjiang einsetzen. Sie sollen alles ihnen Mögliche tun – einschließlich der Androhung von Sanktionen gegen China –, um Zugang zu den Lagern zu erhalten. (…)

Schließlich fordern wir von unseren Mitgliedstaaten eine Politik der Aufnahme und Unterstützung der Uiguren, die vor der Hölle fliehen, und der Unterstützung ihrer Bemühungen, ihre Kultur aufrechtzuerhalten oder ihr Leiden öffentlich bekannt zu machen. Wir verpflichten uns, an ihrer Seite zu stehen und den Stimmen von Millionen Menschen in Xinjiang Gehör zu verschaffen.

Für die Uiguren zu handeln ist eine Möglichkeit, uns als Welt zu definieren. Zu definieren, was wir sind und was wir als Welt sein wollen. Werden wir zulassen, dass Ungerechtigkeit und Autoritarismus die Oberhand gewinnen, oder werden wir selbst die Ressourcen finden, die notwendig sind, um die Würde und die Freiheiten des Menschen zu verteidigen?

Es ist an der Zeit, sich global zu mobilisieren. Es ist an der Zeit, unsere Köpfe zu erheben und sich für die menschlichen Prinzipien einzusetzen, die wir aufrechtzuerhalten suchen. Es ist an der Zeit, für das Recht eines Volkes auf Überleben zu kämpfen.

Dieser Appell wurde von 40 Abgeordneten des Europäischen Parlaments unterschrieben, darunter Reinhard Bütikofer (Grüne), Raphael Glucksmann (Sozialdemokraten), Engin Eroglu (Freie Wähler, Fraktion „Renew Europe“) und Miriam Lexmann von der konservativen EVP-Fraktion.