Basketballer mit politischer Botschaft

Basketballer mit politischer Botschaft

tagesschau, 19.11.2021

Unten ein Artikel aus der tagesschau, Foto tagesschau.

Enes Kanter will es wissen. Der Basketballstar aus der US-Profiliga NBA legt sich seit Wochen aktiv mit Chinas kommunistischer Staatsführung an. Ganz konkret: Der Boston-Celtics-Spieler prangert mit kurzen Social-Media-Videos die Menschenrechtsverletzungen der chinesischen Regierung an.

Der 29-Jährige beschreibt in seinen Videos zum Beispiel die prekäre Situation vieler Menschen im Landesteil Tibet, die Abwicklung der Zivilgesellschaft in der früheren britischen Kolonie Hongkong und die systematische Unterdrückung der uigurischen Minderheit im chinesischen Landesteil Xinjiang. Inzwischen tritt Kanter auch auf Kundgebungen auf.

„Meine Brüder und Schwestern in Hongkong,“ sagte Kanter vor Kurzem bei einer Menschenrechtsdemo vor dem US-Parlamentsgebäude in Washington D.C. „Befreit Hongkong. Ihr seid keine Chinesen, ihr seid keine Briten, ihr seid Hongkonger. Bleibt stark, bleibt mutig.“

China zensiert Kanter komplett

Chinas Staats- und Parteiführung reagiert auf den Aktivismus des türkischstämmigen US-Basketball-Stars wie in solchen Fällen immer: Ausnahmslos alle Berichte über die Aktivitäten des NBA-Profis werden in chinesischen Online-Medien zensiert, Kommentare von Nutzerinnen und Nutzern regelmäßig schnell gelöscht.

Wer im chinesischen Internet nach Enes Kanter sucht, bekommt null Ergebnisse. Spiele seines Vereins, der Boston Celtics, werden in China nicht mehr online gestreamt.

Dass er sich mit seinem Aktivismus indirekt auch mit der NBA anlegt, weil diese in China viel Geld mit Übertragungsrechten verdient, ist dem in der Schweiz geborenen Kanter egal, wie er selbst sagt.

„Als ich beim Saison-Auftakt im Madison Square Garden in New York meine Schuhe mit dem Aufdruck ‚Befreit Tibet‘ anhatte, kamen noch vor dem Spiel zwei Typen aus dem NBA-Management auf mich zu“, erzählt Kanter im Interview mit dem US-Fernsehsender CNN. „Du musst die Schuhe ausziehen. Wir flehen dich an! Wir kriegen hier lauter Anrufe deswegen rein!“

Anrufe von Frauen und Männern innerhalb der US-Sportindustrie etwa, die kein Interesse daran haben, sich mit dem riesigen Absatzmarkt China anzulegen.

Zurückweichen will Kanter nicht, wie er im Gespräch mit CNN betont: „Die Spiele meines Teams, der Boston Celtics, werden in China nicht mehr ausgestrahlt – einfach nur, weil ich über Menschenrechte spreche. Das ist inakzeptabel. Manche werfen mir vor, ich politisiere. Das stimmt aber nicht. Ich setze mich für Menschenrechte ein.“

Botschaften auf Schuhen

Kanter hat die Schuhe mit dem „Befreit-Tibet“-Aufdruck nicht ausgezogen, im Gegenteil – er hat seinen Aktivismus gegen Chinas kommunistische Führung noch ausgeweitet. Inzwischen trägt er auch Schuhe mit dem Aufdruck „Befreit die Uiguren“ und „Boykottiert die Olympischen Winterspiele Beijing 2022“.

Enes Kanter arbeitet dabei eng zusammen mit dem Künstler und Grafiker Badiucao. „Alle, die es wagen, in China die Wahrheit zu sagen oder etwas, das von der Meinung der Staatsführung abweicht, werden bestraft“, sagt der 35-jährige Künstler in einem Interview mit dem indischen Fernsehsender WION.

Deswegen lebt Baduicao seit Jahren im Exil in Australien und designt dort seit Jahren Poster mit bissigen Botschaften und auch Kleidungsstücke, in denen er die Menschenrechtsverbrechen in China anprangert.

Mehr Bekanntheit durch politische Äußerungen

Beide – der australische Künstler und der US-Basketballprofi – profitieren ganz offensichtlich von ihrem politischen Aktivismus. Die Bekanntheit von Badiucao und von Kanter ist vor allem in den USA zuletzt deutlich gestiegen.