„Zusammenspiel von Dialog und Härte“

„Zusammenspiel von Dialog und Härte“

Tagesschau, 02.12.2021

Unten ein Artikel aus der Tagesschau, Foto Tagesschau.

Die künftige Außenministerin Baerbock will in ihrem Bereich einiges anders machen als ihre Vorgänger: So kündigte sie etwa einen härteren Kurs gegenüber China an. Dialog heiße nicht „schönreden oder totschweigen“.

Die designierte Außenministerin Annalena Baerbock hat sich in einem Interview zu ihrem künftigen Ressort-Kurs geäußert und dabei eine härtere Gangart gegenüber autoritär regierten Staaten angekündigt. „Dialog ist der zentrale Baustein internationaler Politik. Aber das heißt nicht, dass man Dinge schönreden oder totschweigen muss“, sagte Baerbock der „taz“. „Für mich ist eine wertegeleitete Außenpolitik immer ein Zusammenspiel von Dialog und Härte.“

Mit Blick nach China erklärte die Grünen-Chefin, dass sie Missstände in dem Land klar ansprechen wolle: „Beredtes Schweigen ist auf Dauer keine Form von Diplomatie, auch wenn das in den letzten Jahren von manchen so gesehen wurde.“

Konkret brachte Baerbock ein Importverbot für Produkte aus der chinesischen Region Xinjiang ins Spiel. „Diesen Hebel des gemeinsamen Binnenmarkts sollten wir Europäer viel stärker nutzen. Der wirkt aber nur, wenn alle 27 Mitgliedsstaaten an einem Strang ziehen und nicht wie in der Vergangenheit Deutschland als größter Mitgliedsstaat eine eigene China-Politik formuliert“, sagte Baerbock. Der chinesischen Führung werden massive Menschenrechtsverletzungen gegen die muslimische Minderheit der Uiguren in Xinjiang vorgeworfen.

Boykott der Olympischen Spiele nicht ausgeschlossen

Auch einen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking schloss Baerbock nicht aus. „Wenn ich sehe, wie Chinas Führung mit der Tennisspielerin Peng Shuai umgeht oder mit der verhafteten Bürgerjournalistin Zhang Zhan, sollten wir natürlich auch die Olympischen Spiele genauer in den Blick nehmen. Da gibt es für Regierungen unterschiedliche Formen des Umgangs, die in den kommenden Wochen sicherlich diskutiert werden.“

Peng, die frühere Weltranglistenerste im Doppel, hatte Anfang November im sozialen Netzwerk Weibo Vorwürfe wegen eines sexuellen Übergriffs durch einen chinesischen Spitzenpolitiker veröffentlicht. Der Post der 35-Jährigen wurde bald danach gelöscht. Seither äußerten Sportler, Politiker und Menschenrechtler Sorge um das Wohlergehen der Tennisspielerin. Zhang war vor einem Jahr wegen ihrer kritischen Berichte über den Corona-Ausbruch in Wuhan zu vier Jahren Haft verurteilt worden.

„Außenpolitik als Weltinnenpolitik“

Baerbock äußerte sich auch zu der im Koalitionsvertrag formulierten „Klimaaußenpolitik“: „Ich verstehe Außenpolitik als Weltinnenpolitik: Krisen wirken über Grenzen hinweg. Sie können nur global und kooperativ bewältigt werden.“ Die größte globale Krise sei die Klimakrise. Es reiche nicht mehr, darauf zu schauen, dass jedes Land seine eigenen Klimaziele angeht, „sondern wir müssen endlich unsere Kräfte bündeln“. 

Die großen Klimakonferenzen würden als Rahmen gebraucht, „aber genauso brauchen wir mehr Länder, die zeigen, dass eine klimaneutrale Wirtschaft Wohlstand sichert und die anderen Ländern die Hand reichen“. Dafür sehe sie die Industriestaaten in der Pflicht. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, seien massive Investitionen in Klimainfrastruktur nötig, national wie international. „Klimainvestitionen sind zugleich die Chance zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit“, sagte die designierte Außenministerin.