„Uigurische Wissenschaftler“ verteidigen die KPCh – ach, wirklich?

„Uigurische Wissenschaftler“ verteidigen die KPCh – ach, wirklich?

Bitter Winter, 28.07.2019

Tahir Imin – Nach dem Ministertreffen in Washington, D.C. versammelte die KPCh „uigurische und kasachische Wissenschaftler“, um einen Brief zu unterzeichnen, in dem die USA kritisiert wird. Das sieht ganz nach einem weiteren Schwindel aus.

Nachdem der US-Außenminister, Mike Pompeo, auf der Ministerkonferenz zur Förderung der Religionsfreiheit in Washington, D.C. in der vergangenen Woche die chinesische Behandlung der Uiguren kritisiert und sie den „Schandfleck des Jahrhunderts“ genannt hatte, veröffentlichte die Nachrichten-Webseite Tianshan, das offizielle Sprachrohr der KPCh-Regierung in Xinjiangein von „uigurischen und kasachischen Wissenschaftlern“ unterzeichnetes und an Mike Pompeo adressiertes Schreiben als Gegendarstellung für seine Ausführungen.

Ich habe einige Fragen zur Glaubwürdigkeit dieses Schreibens. Erstens, wie können diese „Wissenschaftler“ und „Intellektuelle“ von den Reden und Bemerkungen von Mike Pompeo in den Vereinigten Staaten wissen, während chinesische Medien eigentlich ja nicht über die Kritik berichten, die ausländische Regierungen und Politiker an China äußern?

Die Menschen auf dem Festland, wo der Staat die Medien sehr streng kontrolliert, wissen nichts von den monatelangen massiven Protesten in Hongkong, weil die Öffentlichkeit in China nur Zugang zu den staatlichen offiziellen Medien wie CCTV, Xinhua News, etc. hat.

Zweitens, warum und wie sind diese „Wissenschaftler“ plötzlich in der Lage, auf eine ausländische Regierung zu reagieren?

Niemand in der Region, auch die Uiguren nicht, wagt oder versucht es bislang, auf internationale Angelegenheiten öffentlich zu reagieren, und schweigt zu Themen wie den sogenannten Transformation durch Bildung-Lagern. Uigurische Wissenschaftler wurden von der KPCh zu vielen Themen der Weltpolitik und zu aktuellen Themen wie dem Terroranschlag vom 11. September, dem Irakkrieg, dem Entstehen des IS, dem israelisch-palästinensischen Konflikt, dem Brexit, dem japanischen Tsunami usw. zum Schweigen verdammt.

Kein uigurischer Wissenschaftler oder Regierungsbeamter durfte auf Vorfälle innerhalb der uigurischen Region reagieren – wie die Vorfälle in Hotan (2014), die zweisprachige Bildungspolitik (seit 2010), der von der Kommunistischen Regierung subventionierte Zustrom von Han-Chinesen in die Region (weitgehend seit 1980), die Verlegung von Hunderttausenden uigurischen Arbeitern ins Landesinnere Chinas (2009), die Arbeitslosenquote der Uiguren (seit 2000), die Zwangsverheiratung von uigurischen Frauen mit Han-Chinesen (2017), das Verschwinden von Tausenden uigurischen Kindern (seit 2010) usw.

Doch jetzt dürfen sich plötzlich so viele „Wissenschaftler“ versammeln und mit einer Stimme an Mike Pompeo schreiben. Wie ist es möglich, dass China über Nacht zu einer offenen Gesellschaft geworden ist?

Drittens, warum haben die wirklich angesehenen und prominenten Wissenschaftler der uigurischen Gesellschaft diesen Brief nicht unterschrieben?

Es gibt Tausende uigurische Wissenschaftler und Intellektuelle, die das uigurische Volk in Medien, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft vertreten können. Allerdings tauchen ihre Namen in diesem Schreiben nicht auf. Diese sogenannten „Wissenschaftler“ und „Intellektuellen“, die da ihre Unterschrift gegeben haben, sind nur Menschen, die für die chinesische Regierung arbeiten und die in vielen Fragen die Stimme der chinesischen Regierung vertreten. Kann dieser Brief also für ein Abbild der Realität in der uigurischen Region gelten und die wahren Stimmen von mindestens 15 Millionen Uiguren und anderen Turkvölkern in der Region darstellen?

Seit die groß angelegte Anti-Uigurenkampagne 2017 in der Region begann, wurden viele bekannte uigurische Intellektuelle als verschwunden und inhaftiert gemeldet. Aus diesem Grund möchten wir die chinesische Regierung fragen: Wo sind denn nun diese bekannten, prominenten uigurischen Wissenschaftler?

Wo sind die Präsidenten und Vizepräsidenten der regionalen Universitäten und Hochschulen? Wo ist denn der uigurische Sprachwissenschaftler und angesehene Wissenschaftler, Arsilan Abdulla von der Universität von Xinjiang? Wo ist Azat Sultan, ehemaliger Präsident der Normalen Universität von Xinjiang und Präsident des Verbands für Literatur und Kunst von Xinjiang?

Wo ist Tashpolat Tiyip, Präsident der Universität von Xinjiang? Wo ist Halmurat Ghopur, Präsident der Medizinischen Universität von Xinjiang? Wo ist Yalkun Ruzi, Autor und Journalist des Bildungsmagazins von Xinjiang? Wo ist Abdul Kadir, Professor und Schriftsteller der Normalen Universität von Xinjiang? Wo ist Rahila Dawut, Professorin an der Universität von Xinjiang? Wo sind die Chefredakteure und stellvertretenden Redakteure von mehr als 100 uigurischen Zeitschriften?

Wo sind mehr als 20 000 Religionswissenschaftler und Imame, die diesen Brief nicht unterschrieben haben, aber dennoch die besten Vortragsredner über die Religionspolitik Chinas darstellen?

Das Schreiben wurde nur einen Tag nach der Rede von Minister Mike Pompeo auf der Ministerkonferenz veröffentlicht. Wir können daher nur annehmen, dass es von der KPCh vorgefertigt wurde, um eine sofortige Antwort auf seine Bemerkungen zu garantieren. Wie könnten denn sonst so viele Menschen zusammenkommen und so rasch einen gemeinsamen Brief verfassen, unterschreiben und auch noch veröffentlichen?

Dieses gemeinsame Schreiben wurde von der Propagandaabteilung der KPCh vorbereitet und organisiert und kann nicht den Standpunkt und die Meinung des uigurischen Volkes widerspiegeln, das unter beispiellosem Druck steht und Opfer einer verdeckten Politik des ethnischen Völkermords ist.

Uiguren daheim und auf der ganzen Welt danken Außenminister Mike Pompeo außerordentlich herzlich. Sie brauchen die Regierung der Vereinigten Staaten und andere ausländische Regierungen als Sprachrohr für ihre Rechte und um mehr zu tun, um ein Volk zu retten, das unter existenzieller Bedrohung durch die kommunistische Regierung Chinas steht.

„Uigurische Wissenschaftler“ verteidigen die KPCh – ach, wirklich?