NGO verklagt deutsche Firmen wegen mutmaßlicher Zwangsarbeit in China

NGO verklagt deutsche Firmen wegen mutmaßlicher Zwangsarbeit in China

Unten ein Artikel aus der Zeit, Foto Ding Lei/​dpa.

Eine Nichtregierungsorganisation hat Strafanzeige gegen mehrere deutsche Händler und Textilmarken wie Hugo Boss und Lidl gestellt. Berichte etwa von Amnesty International legten nahe, dass die chinesische Regierung Uiguren systematisch verfolge und unter anderem zur Arbeit in der Textilindustrie, der Baumwollernte oder im Konfektionsbereich zwinge, teilte die Organisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) mit.

Die Unternehmen lassen oder ließen demnach bis vor Kurzem in Xinjiang produzieren. Das ging laut der in Berlin ansässigen ECCHR aus den von ihnen veröffentlichten Zuliefererlisten hervor. Die NGO wirft den Unternehmen vor, die mutmaßliche Zwangsarbeit zu begünstigen und von ihr zu profitieren. Mit der in Deutschland eingereichten Strafanzeige fordert das ECCHR die Generalbundesanwaltschaft auf, die mutmaßliche Zwangsarbeit und die mögliche rechtliche Verantwortung der Unternehmen zu untersuchen.

„Es ist inakzeptabel, dass europäische Regierungen China für Menschenrechtsverletzungen kritisieren, während die Unternehmen womöglich von der Ausbeutung der uigurischen Bevölkerung profitieren“, sagte Miriam Saage-Maaß, Leiterin des ECCHR-Programms Wirtschaft und Menschenrechte. „Es ist höchste Zeit, dass die Verantwortlichen in den Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, falls sich der Verdacht der Zwangsarbeit bestätigen sollte.“ Firmen müssten verhindern, dass sie möglicherweise Beihilfe zu Völkerrechtsverbrechen und anderen Menschenrechtsverletzungen leisten, heißt es in einer Erklärung des ECCHR.

Hugo Boss und Lidl streiten Vorwürfe ab

Hugo Boss betonte in einer Stellungnahme, dass das Unternehmen keinerlei Zwangs- oder Pflichtarbeit oder Formen moderner Sklaverei toleriere und alle Partner entlang der Lieferkette verpflichte, für die Einhaltung der Menschenrechte zu sorgen und keine Verstöße zu dulden. Hugo Boss habe seine direkten Lieferanten aufgefordert, zu bestätigen, dass die Fertigung der Waren in der Lieferkette entsprechend der Werte und Standards von Hugo Boss erfolgt. In Reaktion auf die Berichte zu einem Lieferanten habe Hugo Boss zusätzlich eigene Audits in den Produktionsbetrieben durchgeführt, die keine Anhaltspunkte für den Einsatz von Zwangsarbeitern ergeben hätten.

ECCHR zweifelt das an: „Boss hat nicht gesagt, wer diese Audits durchgeführt hat“, kritisierte Saage-Maaß. Unklar bleibe auch, wie Boss eigene Audits habe machen können, wenn sich fast alle großen Auditierer wie etwa der TÜV Süd aus der Region zurückgezogen hätten, weil unabhängige Betriebsprüfungen dort nicht mehr möglich seien.

Lidl erklärte, dass das Unternehmen die Grundrechte aller Beteiligten in den verschiedenen Stufen der Lieferketten schütze. Die „Null Toleranz“-Position gegenüber Zwangs- und Kinderarbeit sei Teil des schriftlichen Code of Conduct, der Lidls Vertragspartner zur Einhaltung und Umsetzung sozialer und ökologischer Standards verpflichte. Sollten Lidl konkrete Verstöße bekannt werden, gehe man dem nach. So habe man bereits Produktionsstätten gesperrt. Mit dem Produzenten, der auf der Zuliefererliste von März 2021 genannt wird, arbeite Lidl seit über einem Jahr nicht mehr zusammen.