Die Welt muss wegen Menschenrechtsverletzungen an Uiguren Druck auf China ausüben

Die Welt muss wegen Menschenrechtsverletzungen an Uiguren Druck auf China ausüben

Focus, 29.10.2020

Unten ein Artikel aus der Focus, Foto dpa/Diego Azubel/epa/dpa

In der chinesischen Region Xinjiang geht die Kommunistische Partei aktiv gegen Uiguren und Angehörige anderer ethnischer Minderheiten vor und unterdrückt sie. In Internierungslagern herrschen unmenschliche Bedingungen, Inhaftierte sind schon dort gestorben. Es besteht dringender Handlungsbedarf: Die internationale Gemeinschaft muss Druck auf Peking ausüben.

Kurz nach der ​Gründung der Volksrepublik China 1949 unternahm die Kommunistische Partei Chinas erste Schritte in Richtung der Annexion der nordwestlichen Region Xinjiang, die die Uiguren Ostturkestan oder Uigurisches Autonomes Gebiet nennen. In den folgenden Jahrzehnten verschleppte die Kommunistische Partei Chinas Tausende von Uiguren in Arbeitslager und viele weitere Tausende sahen sich gezwungen, ins Exil zu gehen. 70 Jahre später setzt Peking sein strategisches Vorgehen zur Auslöschung der religiösen, sprachlichen und kulturellen Identität der Uiguren und anderer ethnischer und religiöser Minderheiten fort.  

Über die Autoren

Dolkun Isa ist der Präsident des Uigurischen Weltkongresses und Vizepräsident der Organisation der nicht repräsentierten Nationen und Völker (UNPO). Nachdem er der politischen Verfolgung durch die chinesische Regierung ausgesetzt worden war, floh Isa 1994 aus China und beantragte Asyl in Europa. 2006 wurde er deutscher Staatsbürger. Seitdem vertritt er uigurische Menschenrechtsthemen bei dem UN-Menschenrechtsrat, dem Europäischen Parlament, bei europäischen Regierungen und internationalen Menschenrechtsorganisationen.

Robin S. Quinville ist seit Juni 2020 Geschäftsträgerin a. i. der US-Botschaft Berlin. Sie trat 1988 in den auswärtigen Dienst der Vereinigten Staaten ein. Von 2015 bis 2017 leitete Quinville das Referat für westeuropäische Angelegenheiten im US‑Außenministerium. Vor ihrem aktuellen Posten war sie Fellow des US-Außenministeriums am Woodrow Wilson International Center for Scholars (2017 bis 2018).

Uiguren in Internierungslagern: Zwangsarbeit, Folter, sexueller Missbrauch

Im nordwestlichen Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang geht die Kommunistische Partei Chinas aktiv gegen Uiguren, ethnische Kasachen und Kirgisen sowie Angehörige anderer ethnischer Minderheiten vor und unterdrückt sie. Ein Mittel hierzu sind Massenverhaftungen. Seit April 2017 befinden sich über eine Million Menschen in Internierungslagern.

Überlebende erzählen erschütternde Geschichten von Folter und anderen unvorstellbaren Misshandlungen in diesen Lagern. Es wird verlangt, dass man im Namen der Regierungskonformität seine ethnische Identität, seine religiöse Überzeugung und die Ausübung seiner kulturellen und religiösen Praktiken aufgibt.

Die Haft kann Monate oder sogar Jahre dauern, ohne verfahrens- und materiellrechtlichen Schutz oder Kontakte zur Familie. Es wird immer wieder über Todesfälle während der Inhaftierung berichtet und es werden Vorwürfe von Zwangsarbeit, Folter, sexuellem Missbrauch, Zwangssterilisation und unmenschlichen Bedingungen erhoben. 

Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Hongkong: Ethische Minderheit werden unterdrückt

Diese Misshandlungen beschränken sich nicht auf die Volksgruppe der Uiguren. Aus Tibet mehren sich Berichte, dass die Kommunistische Partei Chinas 2020 über 500.000 Tibeter gezwungen hat, sich in militärähnliche Ausbildungszentren zu begeben, die Experten zufolge Arbeitslagern gleichen. In Hongkong gefährdet das vor Kurzem verabschiedete nationale Sicherheitsgesetz die Freiheits- und Autonomierechte, die im Basic Law und dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ verankert sind.

Die Behörden haben das neue Sicherheitsgesetz bereits angewandt, um friedliche Demonstranten zu verhaften und weiter hart gegen Aktivisten vorzugehen, die sich für mehr Demokratie einsetzen. Von Tibet und Xinjiang über die Innere Mongolei bis nach Hongkong weitet die Kommunistische Partei Chinas ihren Einfluss aus und geht gegen ethnische Minderheiten vor, bedroht ihre Kritiker und verstößt ungestraft gegen Menschenrechte. Diese Verstöße gehen über die Grenzen Chinas hinaus, wenn Peking über Familienangehörige Druck auf Geflohene ausübt.  

Zeit zu handeln: „Fest entschlossen, mit einer Stimme sprechen“

Regierungen und die Zivilgesellschaft müssen jetzt zusammenarbeiten, um Peking zur Verantwortung zu ziehen. Wir müssen fest entschlossen und mit einer Stimme sprechen. Wir alle müssen weiter auf diese Probleme aufmerksam machen, konkrete Maßnahmen zur Verteidigung der universellen Menschenrechte ergreifen und das internationale Regelwerk aufrechterhalten, das die Verbreitung von Frieden und Wohlstand auf der Welt jahrzehntelang ermöglicht hat.  

Die Vereinigten Staaten und der Weltkongress der Uiguren verpflichten sich dem gemeinsamen Ziel, eine weltweite Reaktion herbeizuführen. Die Vereinigten Staaten und andere gleichgesinnte Länder setzen sich für die Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde ein. Die US-Regierung hat beispielsweise Visabeschränkungen, Export- und Importbeschränkungen sowie finanzielle Sanktionen gegen Personen in der chinesischen Regierung verhängt, die für Menschenrechtsverstöße verantwortlich sind.

Der Weltkongress der Uiguren sensibilisiert die Öffentlichkeit hierfür tagtäglich und setzt sich für die Familien und Volksgruppen ein, die noch im Uigurischen Autonomen Gebiet leben. Der Weltkongress der Uiguren fungiert dabei als Stimme und Anwalt für die Millionen Uiguren und gefährdeten Bevölkerungsgruppen, die unter der Kontrolle Pekings stehen. Der Weltkongress und andere Organisationen, die sich für Wandel in ganz China stark machen, weisen unermüdlich auf Unstimmigkeiten hin, erklären Zusammenhänge und erzählen vor allem die erschütternden Geschichten der Opfer.

Die internationale Gemeinschaft reagiert auf die Appelle der Volksgruppe der Uiguren. Der US-Kongress hat vor Kurzem das Gesetz „Uyghur Human Rights Policy Act“ verabschiedet, das Unternehmen vor der Verwendung von Produkten warnen soll, die im Gebiet der Uiguren oder andernorts in China unter Einsatz von Zwangsarbeit oder der Verletzung anderer Menschenrechte hergestellt wurden. Der Deutsche Bundestag drängt ebenso auf ein neues Gesetz, das Unternehmen bei ihrer Produktion im Ausland zur Einhaltung von Menschenrechtsstandards verpflichten würde.   

Der Weg in die Zukunft: Druck auf Peking ausüben

Wir alle tragen Verantwortung für den Schutz der am stärksten gefährdeten Gemeinschaften. Wir sind auf die Informationen von Organisationen wie dem Weltkongress der Uiguren angewiesen und müssen entsprechend handeln, um die falschen Narrative Pekings über die Volksgruppe der Uiguren zu entkräften und stärkeren internationalen Druck zu erzeugen, damit China seine Unterdrückungsmaßnahmen einstellt.

Wir ermutigen gleichgesinnte Regierungen, die eigene Politik zu überprüfen und alle diplomatischen, wirtschaftlichen und ähnlichen Mittel in Betracht zu ziehen, um Druck auf Peking und alle Einrichtungen auszuüben, die unmittelbar mit Verstößen im Uigurischen Gebiet, Tibet oder Hongkong in Verbindung gebracht werden. Wir ermutigen andere Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, das Gleiche zu tun.